Jaffna

Das etwas andere Sri Lanka

Auf in den Norden

Die Zeit vergeht wie im Fluge und so war auch schon  fast die letzte Woche unseres Aufenthaltes angebrochen. Für unser letztes Wochenende auf der Insel hatten wir uns eine lange Tour ausgesucht: Es sollte in den Norden nach Jaffna gehen. Zunächst fuhren wir mit dem uns schon bekannten Zug nach Colombo. Dieses Mal waren wir sogar richtig früh dran, sodass wir tatsächlich einen Sitzplatz abstauben konnten und die Fahrt somit ganz angenehm war.

Im Internet hatten wir gelesen, dass es einen Nachtbus nach Jaffna geben sollte, doch über den Abfahrtsort gab es unterschiedliche Informationen. Also fragten wir in Colombo zunächst die Touristeninformation am Bahnhof. Die Herren dort konnten und zwar ganz genau sagen, wann der nächste Zug in den Norden fahren sollte, doch über die Busse schienen sie zunächst nichts zu wissen. Eine Lektion, die wir während unseres Aufenthaltes bereits gelernt hatten: Immer mehrfach nachfragen und das Gesagte notfalls wiederholen! Nachdem wir also mehrmals “Night bus, night bus” gesagt hatten, leuchtete das Gesicht des Angestellten plötzlich auf und er wies uns mit seinen Armen einen Weg, den wir nahmen. In besagter Richtung sollte es eine Bushaltestelle geben, an der man die Tickets reservieren konnte.

Doch als wir an der Haltestelle ankamen, wusste niemand was von einem “Luxury A/C Night Bus”. Eine weitere Lektion, die wir bereits gelernt hatten, lautete: Immer verschiedene Personen fragen. Und so fragten wir uns durch, nach mehrfachen Kopfschüttelns gerieten wir endlich an jemanden, der uns auf die andere Straßenseite verwies. Hier sei eine Private Bus Station. Gesagt, getan, machten wir uns auf den Weg dorthin. Hier sah es tatsächlich schon eher nach den großen klimatisierten Bussen aus, allerdings waren diese alle mit “Matara” oder anderen Städten beschriftet, die in der entgegengesetzten Richtung lagen. Wir fragten uns also mal wieder durch:

“Night bus to Jaffna?” “No, no, no night bus”.

“Night bus to Jaffna?” “Yes, yes, over there, night bus”. (“Over there” war kein Nachtbus)

“Night bus to Jaffna?” “…” (fragendes Gesicht)

So und so ähnlich ging es weiter und wir waren schon ganz verzweifelt, bis wir endlich in der hintersten Ecke versteckt ein kleines Häuschen mit der äußerst winzigen Aufschrift “Reservation Office” fanden. Als wir hier nach besagtem Nachtbus fragten, blickten wir das erste Mal nicht in fragende Gesichter und erhielten auch prompt unsere Tickets hierfür. Wir waren fast schon erstaunt, dass wir am Ende doch noch die Tickets für den Bus bekamen. Jetzt hieß es nur noch warten. Typisch sri-lankisch kam der Bus satte zwei Stunden zu spät und die Klimaanlage im Bus war mal wieder auf Eiszeit eingestellt. Doch darauf hatten wir uns schon vorbereitet und lange Klamotten eingepackt, trotz derer wir aber immer noch froren. Zudem lief ein Film, der auf Lautstärke für Hörgeschädigte eingestellt zu sein schien. Die übrige Fahrt verlief dann aber reibungslos und so kamen wir müde und übernächtigt um vier Uhr morgens in Jaffna an. Der Besitzer unserer Unterkunft hatte uns einen “Early Check-In” erlaubt und nachdem wir in dem im Kolonialstil gehaltenen Gebäude angekommen waren, fielen wir müde für kurze drei Stunden ins Bett.

 

I’ve got a bike, you can ride it if you like…

Am nächsten Tag mieteten wir uns in unserer Unterkunft Fahrräder und erkundeten Jaffna auf zwei Rädern. Der Verkehr hier war bei Weitem nicht so extrem wie in anderen Städten, in denen wir waren, sodass wir unbeschadet voran kamen. Wir waren begeistert von der Landschaft und den Menschen, alles war so anders als im Süden und doch irgendwie ähnlich.

Im Norden ist es trockener, sodass es nicht so “grün” ist wie in anderen Teilen des Landes. Auch das Meer erschien uns anders, es roch anders und vermittelte uns einen ganz anderen Eindruck. Man fühlte sich schon fast wie an der Nordsee. Im Gegensatz zu sonst sprachen uns die Menschen zwar an, aber sie bewiesen es (fast) ausnahmslos alle bei einem neugierigen und interessierten “Where are from?” oder “which country??”

Manchmal riefen sie uns das sogar nur im Vorbeifahren zu. Nach unserer Antwort “Germany” nickten sie dann wissend und freundlich und zogen weiter. Ab und zu leuchteten die Augen auf und es stellte sich heraus, dass ein entfernt oder näher Verwandter des Fragestellers entweder ebenfalls in Deutschland lebte oder mal dort gelebt hatte oder dort mal zu Besuch war. Oft in Stuttgart und oft wollten sie dann wissen, ob wir aus Frankfurt kämen (was wir manchmal einfach bejahten, denn zu erklären wo Nüdlingen oder Seulingen liegen, brauchen wir gar nicht erst zu versuchen).

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Schon wieder ein Fort?

Die Stadt an sich hat nicht viele Sehenswürdigkeiten, ist aber dennoch auf jeden Fall sehenswert. Unsere kleine „Fahrradtour“ führte uns zunächst zum alten holländischen Fort. Im Gegensatz zu den bereits gesehenen Forts in Galle oder Colombo handelt es sich bei dem in Jaffna um eine rein militärisch genutzte Anlage, sodass im Inneren der dicken Mauern keine Gebäude (Shops, Restaurants etc.) zu finden sind. Die Anlage wurde sternförmig gebaut und heutzutage kann man auf den Mauern entlang laufen und auf das weite Meer blicken.

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Public Library

Auf unserem Weg kamen wir unter anderem an der Public Library vorbei, welche während des Bürgerkrieges niedergebrannt und im Jahr 2003 wieder aufgebaut wurde. Vor dem Gebäude findet man eine Statue der hinduistischen Göttin der Gelehrsamkeit Saraswati.

Vor Betreten des Gebäudes mussten wir unsere Schuhe ausziehen und in den Räumen selber durfte man keine Fotos machen. Wir wandelten also durch die Gänge mit den zahlreichen Büchern, von denen einige Spenden aus anderen Ländern sind, da die bedeutendsten Werke im Krieg zerstört worden waren. Der Bürgerkrieg zwischen Singhalesen und Tamilen, den zwei Haupt-Bevölkerungsgruppen Sri Lankas stellt eine dunkle Seite der Geschichte der Insel dar. Er führte unter anderem dazu, dass im Norden nun hauptsächlich Tamilen leben und die Singhalesen hier (im Gegensatz zu anderen Teilen der Insel) nur noch eine geringe Minderheit darstellen. Jaffna wurde schwer beschädigt und viele Gebäude teilweise völlig zerstört. Doch die Bevölkerung ist rege dabei, alles wieder aufzubauen und der Stadt zu ihrem alten Glanz zurück zu verhelfen.

Zwei Tempel

Der vorwiegend hinduistisch geprägte Norden hat zahlreiche Tempel aufzuweisen. Als schönster und bekanntester Jaffnas zählt der Nallur Kandaswamy Kovil. Er ist dem Kriegsgott Skanda gewidmet und gehört sogar zu den fünf wichtigsten hinduistischen Tempeln auf Sri Lanka. Diesen Tempel wollten wir uns ansehen und machten uns auf in die richtige Richtung. Als wir dann eine rot-weiße Mauer sahen, welche einen bunten Tempel umgab, meinten wir, angekommen zu sein, denn als Merkmal des Tempels gilt unter anderem besagte Mauer. Wir waren recht erstaunt, dass dieser Tempel doch relativ klein gehalten und im Inneren mit allerlei „Krimskrams“ (hölzerne Figuren, Schirme, Möbelstücke) vollgestellt war. Zudem war er kaum besucht und von Bauschutt umgeben. Je mehr wir drüber nachdachten, desto seltsamer erschien es uns und wir kamen schließlich überein, dass es sich um den falschen Tempel handeln musste.

Ein paar Meter weiter erreichten wir dann den richtigen Tempel: eine riesige Anlage mit einer langen Mauer, vergoldeten Türmen und Eingängen. Wir mussten über uns lachen, denn der andere Tempel stand in keinem Vergleich zu diesem.

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Jaffna und seine Inseln

3,2,1, Go!

Ein weiterer Punkt, der auf der To-Do-Liste eines jeden Jaffna-Besuchers stehen sollte, ist eine Tour mit dem Roller über die umliegenden Inseln. Wir hatten beide keinerlei Roller-Erfahrung und waren (ebenso wie so manch anderer) skeptisch, ob das so eine gute Idee war. Unser Guesthouse-Besitzer versicherte uns jedoch, dass es „really easy“ sei und wir mieteten uns also einen Scooter. Da meine Fahrkünste hinlänglich bekannt sein dürften, übernahm Lena das Steuer und ich die Aufgabe der „Navigatrice“ und der Fotografin sowie Regisseurin.

Ausgestattet mit GoPro, Handy-Karte und zwei Helmen ging es los. Nach einem etwas holprigen Start düsten wir am Morgen kurz nach Sonnenaufgang los. Lena machte ihre Sache richtig gut. Den Geruch des Meeres und der Nase und den Fahrtwind in unseren Gesichtern „cruisten“ wir über einen langen Damm auf die erste Insel. Unterwegs begegneten uns immer wieder freundlich grüßende Einheimische.

Mit der Fähre über das Meer

Einige der Inseln sind nich mit Dämmen verbunden, sodass hier auf eine Fähre zurückgegriffen werden muss. Wir wollten mit der 8:00-Uhr-Fähre auf die Insel Delft, kamen 07:55 Uhr an und wurden wieder weg geschickt, wir wären zu spät und müssten jetzt auf die nächste Fähre warten, welche erst 09:30 Uhr fahren sollten. Hier war die Pünktlichkeit auf einmal sehr wichtig… Also parkten wir unseren Roller (was im Übrigen gar nicht so einfach war) und warteten am Quay sitzend. Lena, die alte Sonnenanbeterin, ließ sich die wärmenden Strahlen ins Gesicht scheinen, während ich ein paar Fotos schoss. 09:00 Uhr kam dann plötzlich ein Mann aufgeregt auf uns zu und meinte wir sollen uns beeilen, wenn wir die Fähre nehmen wollten. Schnell hasteten wir zum Schiff und blieben mit einer Kanadierin zunächst davor stehen. Dieses sei nämlich nicht „for tourists“. Hier hatten wir wieder das Phänomen: Der eine sagt etwas, der andere etwas anderes. Wir bleiben jedoch hartnäckig und durften am Ende doch noch mitfahren. In gut 30 Minuten ging es nun auf die Insel Delft.

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Dort angekommen taten wir es den zahlreichen sri-lankischen Touristen gleich und nahmen uns zusammen mit der Kanadierin ein Tuk-Tuk, dessen Fahrer uns zu den „Sehenswürdigkeiten“ der Insel fahren würde: Der Baobab-Tree (ein eigentlich in Afrika und arabischen Ländern heimischer Affenbrotbaum, der von arabischen Händlern auf die Insel gebracht wurde), das ehemalige „Dutch Hospital“, ein gigantischer „Fußabruck“ im Stein und die wilden Delft-Ponys (von holländischen Besatzern auf die Insel gebracht). Während unserer Fahrt sprangen uns die Häuser umgebenden Mauern ins Auge, welche zunächst aus Stein zu sein schienen. Bei näherem Betrachten konnten wir jedoch sehen, dass es sich um Korallen handelte. Eine Insel aus Korallen, so etwas hatten wir vorher auch noch nicht gesehen.

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Lena, hopps mal!

Nachdem wir mit der Fähre wieder zurück gefahren waren, fuhren wir mit dem Roller über die nächsten mit Dämmen verbundenen Inseln. Die Landschaft erinnerte teilweise an eine Grassteppe, dann wieder an südeuropäische Gegenden und nie an das uns bisher bekannte Sri Lanka. Als nächstes sollte es mit einer kleinen Fähre, auf der man Roller mitnehmen durfte, auf eine gegenüberliegende Insel gehen. Wir kamen pünktlich an und uns wurde gesagt, dass die Fähre in zehn Minuten starten würde. Wir setzten uns an den Wegesrand vor eine rot-metallene Rampe und warteten und wunderten uns, warum die Fähre dann nicht schon auf der anderen Seite los gefahren sei, wenn es doch so bald schon los gehen sollte. Generell wunderten wir uns, wo die Fähre denn sei, denn auf dem Wasser war weit und breit nichts dergleichen zu sehen. Die Zeit verging und irgendwann meinte Lena nur: „Anki? Ich glaube das IST die Fähre.“ Sie deutete auf die vermeintliche rote Rampe und tatsächlich, an deren rechten Seite war ein Motor angebracht und man konnte bei genauerem Hinsehen Seile erkennen, an denen sie „aufgespannt“ war. Wie auf Kommando setzten sich nun auch die Wartenden in Bewegung und stiegen oder fuhren nach und nach auf die „Rampe“. Lena setzte sich auf unseren Roller, wärehnd ich hinterher ging.  Von hinten durfte ich nun Folgendes beobachten:

Schwungvoll fuhr Lena auf die Rampe zu, ein Mann neben ihr blickte sie entsetzt an, dann machte Lena einmal „Huu“, der Roller einmal Hops, Lenas Beine flogen seitlich davon und stuntmengleich landete sie auf der Fähre. Wem vorher noch nicht aufgefallen war, dass es noch etwas an Erfahrung im Rollerfahren fehlte, dem wurde es spätestens jetzt klar. Der Fährmann neben ihr schüttelte nur stumm die Kopf und man konnte förmlich von seinem Gesicht ablesen, was er dachte: „Ist die denn total bescheuert?!“ Lena und ich lachten herzlich und konnten uns während der ganzen Fahrt kaum wieder beruhigen. Mühsam presste sie zwischen den Lachern hervor: „Ich hatte Angst, dass ich es nicht auf die Fähre schaffe, deshalb habe ich nochmal schön Gas gegeben!“ Da bemerkten wir, dass auch ein Polizist auf der Fähre war, der sich prächtig über uns zu amüsieren schien. Beim Herunterfahren wurde sie dann sowohl von ihm als auch vom Fährmann kritisch beäugt, diese ging jedoch ohne weitere Zwischenfälle vonstatten.

Brandwunde und leerer Tank

An einem Strand auf einer Insel genossen wir die (vor)letzten Sonnen strahlen und dann mussten wir uns auch schon wieder auf den Rückweg machen. Bisher war wohl als zu glatt gelaufen, denn auf dem Rückweg ging mein Handy mangels Akku aus, sodass ich auf Lenas Handy zurück greifen musste.

Dieses hatte jedoch kein Google Maps und mit der anderen Karten-App kam ich nicht ganz so gut zurecht, sodass wir uns zwischenzeitlich kurz verfahren hatten. Der Fehler fiel uns aber schnell auf und wir wollten wenden. Was keine so gute Idee war. Mitten im Wendemanöver kippten wir um und fielen in einen Graben, mein Bein blieb an etwas sehr heißem hängen und da lagen wir nun. Aber nicht lange, denn schnell eilte Hilfe herbei, ein Einheimischer hatte das Ganze beobachtet und half uns und dem Roller auf. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich eine streifenförmige Brandwunde am Unterschenkel hatte. Der Vorfall trübte unseren Übermut etwas und dann stellten wir auch noch fest, dass wir schleunigst eine Tankstelle brauchten, denn die kleine Zapfsäule auf der Anzeige blickte wie verrückt. Blöd nur, dass wir immer noch in der überaus idyllischen aber leider fast menschenleeren und gefühlt zivilisationsfernen Landschaft unterwegs waren. Bangend fuhren wir weiter, denn was blieb uns anderes übrig? Wir machten schließlich innerlich mehrfache Kreuze als wir endlich wieder in Jaffna und an einer Tankstelle angekommen waren. Um das Tanken brauchte man sich auch keine Sorgen machen, das erledigte der Tankwart für uns.

So ging ein ereignisreicher Aufenthalt in Jaffna zu Ende. Als Fazit könne wir sagen, dass uns die Stadt und die Landschaft dort sehr gut gefallen hat und der weite Weg dorthin auf jeden Fall die Mühe wert ist.